Double in Sicht: Volkswagen greift in Spanien nach dem Hersteller-Titel

Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN), Volkswagen Polo R WRC
Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN), Volkswagen Polo R WRC

Die Konfetti-Kanonen haben bereits einmal geknallt. Doch jetzt könnte Volkswagen in der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) den nächsten Coup landen. Nachdem die Werksmannschaft aus Wolfsburg in Frankreich Fahrer- und Beifahrer-Titel* feierte, greift sie bei der kommenden Rallye Spanien (24.–27. Oktober) auch nach dem Hersteller-Titel. Die Formel ist einfach: Beenden entweder die neuen Weltmeister Sébastien Ogier/Julien Ingrassia (F/F) oder ihre Volkswagen Teamkollegen Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN) die Rallye Spanien mindestens als Siebte, steht Volkswagen als neuer Titelträger fest. Bei der einzigen Rallye des Jahres, die sowohl auf Asphalt als auch auf Schotter ausgetragen wird, sind mit dem dritten Volkswagen Polo R WRC erneut Andreas Mikkelsen/Mikko Markkula (N/FIN) am Start.

„Ein siebter Platz genügt, um die Weltmeisterschaft zu holen“, so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. „Wenn alles normal läuft, erreichen wir das schon in Spanien. Es wäre das absolute Sahnehäubchen, wenn wir in der Debütsaison das schaffen, woran wir zu Saisonbeginn nicht im Traum gedacht haben. Dafür, dass alles normal läuft, wird das gesamte Team erneut mit allen Mitteln kämpfen. Es gibt in unserer Mannschaft keinen Schwachpunkt. Und darauf bin ich besonders stolz.“

Volkswagen in der Rallye-WM vor dem Schlussspurt

Es wäre die Krönung: Mit dem ursprünglichen Ziel angetreten, im ersten Jahr aus eigener Kraft um Podestplätze, im zweiten um Siege und im dritten um Titel zu fahren, entwickelte sich das Debütjahr von Volkswagen zum Motorsport-Märchen. Meilenstein eins: Das erste Podiumsresultat gelang schon beim Saisonauftakt – der legendären Rallye Monte Carlo. Meilenstein zwei: der erste Sieg bei der darauffolgenden Rallye in Schweden. Es folgten weitere sieben Volkswagen Siege, ehe am 03. Oktober 2013 um 18:47 Uhr bei der zurückliegenden Rallye Frankreich Sébastien Ogier/Julien Ingrassia frühzeitig als Fahrer- und Beifahrer-Weltmeister* feststanden.

Selfmade-Team zu 100 Prozent

Die faustdicke Überraschung des Motorsport-Jahres 2013 ist hausgemacht. Zu 100 Prozent. Es gibt nur wenige Erfolgsgeschichten, in denen ein Hersteller im Debütjahr ähnlich erfolgreich war. Und keine davon wurde ausschließlich vom Hersteller selbst geschrieben. Die Geschichte von Volkswagen hat ihr Zentrum in Hannover, dem Motorsport-Standort der Marke, und beginnt im Jahr 2004. Volkswagen verfolgt seit den Starts bei der Rallye Dakar eine klare Philosophie. Während andere Automobilhersteller bei ihren Motorsport-Einsätzen meist auf externe und erfahrene Entwicklungs- und Einsatzteams setzen, vertraut Volkswagen konsequent darauf, Fahrzeugkonstruktion und die Starts bei Motorsport-Veranstaltungen mit eigenen Mitteln zu leisten. Vom Aufbau der Fahrzeuge bis zur komplexen Logistik, von der Qualitätssicherung bis zum Rechnungswesen – die Volkswagen Motorsport GmbH ist ein in allen Belangen eigenständiges Unternehmen, das lediglich einige Fahrzeugkomponenten von Dienstleistern einkauft.

Die Rallye Spanien bietet zwei Rallyes in einer

Der vorletzte Lauf der Rallye-WM 2013 ist ein echtes Unikat – und eine Rallye der Gegensätze. An den ersten beiden Tagen eine klassische Asphalt-Rallye, verwandelt sie sich am Sonntag in ein reinrassiges Schotter-Event. Dieser Wechsel bedeutet für die Ingenieure und die Mechaniker des Teams von Volkswagen Motorsport am Samstagabend Stress pur. In nur 75 Minuten müssen die drei Polo R WRC von Asphalt-Abstimmung auf Schotter-Setup umgebaut werden. Hierbei werden nicht nur die Dämpfer und Federn getauscht, sondern beispielsweise auch die Fahrzeughöhe angepasst und ein dickerer Unterbodenschutz montiert. Dazu kommen Wechsel von Aufhängungsteilen, Differenzial und Getriebe. Und anstatt der pro Rad samt Felge 21 Kilogramm schweren Asphalt-Reifen kommen auf den letzten sechs Wertungsprüfungen die vier Kilogramm schwereren Schotter-Pneus mit grobem Profil zum Einsatz.

„El Priorat“ – geliebt und gefürchtet bei Fahrern und Fans

Eine große Herausforderung stellen diese Gegensätze auch für die Fahrer dar. Zum Auftakt müssen die Piloten am Freitagabend bei völliger Dunkelheit die ersten drei Wertungsprüfungen der Rallye meistern, wenn sie sich vom zeremoniellen Start in Barcelona dem Rallye-Zentrum im Badeort Salou nähern. Am Samstag stehen im bergigen Hinterland der Costa Daurada sechs weitere WPs auf Asphalt auf dem Programm, darunter gleich zwei Mal die wegen ihrer spektakulären Spitzkehren von den Fans geliebte „El Priorat“. Mit 42,04 Kilometer Länge ist sie zugleich die längste WP der Rallye.

Alles anders am Sonntag – nach Asphalt kommt Schotter

Nach 217,38 Wertungskilometern folgt schließlich der krasse Wechsel. Am Sonntag bietet sich den Teams ein vollkommen anderes Bild, das Gesicht der Rallye wandelt sich komplett. Drei abschließende Schotter-Prüfungen, die im Laufe des Tages zwei Mal durchfahren werden, führen das Teilnehmerfeld bis an den westlichen Rand Kataloniens. Mehr als an den beiden vorangegangenen Tagen kann nun die Startposition eine entscheidende Rolle für den Ausgang der Rallye spielen: Sollte es trocken sein, bleibt der Staub der zuerst gestarteten World Rally Cars in den Tälern der hügeligen Landschaft regelrecht stehen. Freie Sicht ist den Fahrern hier also selbst am helllichten Tag keineswegs garantiert